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Bedeutende und museale Skulptur des Gekreuzigten, Verona, um 1330, dem Meister von Sant’Anastasia und seiner Werkstatt zuzuschreiben. Rundplastisch gemeisselter, gedrungener Christus-Corpus mit breitem Brustkorb und deutlich hervortretenden Rippen. Das bärtige Haupt mit geöffnetem Mund nach rechts geneigt. Unterhalb seitlich verknotetem Lendentuch stark überdrehte Beine mit überkreuzten Füssen. Eisendübel bzw. Bohrung zur Anbringung der fehlenden Arme vorhanden. Rückseitig in späterer Frakturschrift eingemeisselt: «IRIM ... FECIT». Heller Marmor, sog. «pietra gallina», Spuren einer eventuellen polychromen Fassung. An Stahlträger montiert. Höhe = 155 cm, Spannweite der Armstümpfe = 54 cm, Tiefe = 34 cm.

Gutachten: Prof. Dr. Horst Schweigert, Graz, 1996. Professor Schweigert schreibt die Skulptur der Werkstätte Lorenzo Maitani (geboren vor 1270 in Siena, gestorben 1330 in Orvieto) zu. Urs Zumbrunn, Kirchberg, 2016. Der für gefasste Steinskulpturen spezialisierte Restaurator, unter anderem verantwortlich für die Restauration und Konservierung des spektakulären, spätgotischen Skulpturenfundes in der Berner Münsterplattform, datiert in seiner Dokumentation der Untersuchungsergebnisse die hier angebotene Skulptur ins 13. oder 14. Jahrhundert. Provenienz: Aus einer Privatsammlung in der Steiermark Literatur: Anna Lehmann: Christus am Kreuz. Eine Fallstudie zum Passionsbild um 1330 am Beispiel des Maestro di Sant’Anastasia in Verona. Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar, 2010. Durch stilistische Vergleiche können wir die hier angebotene Skulptur des Gekreuzigten mit grosser Sicherheit dem Maestro di Sant’Anastasia und seiner Werkstatt zuordnen. Doch wer war dieser Meister, der offensichtlich von der römischen Antike, der Romanik und der Gotik gleichermassen beeinflusst war und daraus ein eigenständiges, höchst dramatisches Werk schuf? In den 1950er-Jahren warfen mehrere Kunsthistoriker den Blick auf die künstlerischen Qualitäten der Veroneser Bildhauerkunst des frühen Trecento, welche bis anhin im Schatten der grossen Kunstzentren wie Rom, Florenz, Venedig oder Siena stand. Dabei richtete sich ihr Augenmerk unter anderem auf einen unbekannten Meister, dessen Werk durch einen dramatischen Realismus ins Auge fiel. Fernanda de Maffai gebrauchte in einem Aufsatz 1953 für diesen Künstler den Notnamen Maestro di Sant’Anastasia, ein Name, der bis heute gebräuchlich ist und sich auf plastische Arbeiten an der Front der grössten gotischen Kirche in Verona bezieht. Obwohl es verschiedene mehr oder weniger überzeugende Versuche gab, anhand von schriftlichen Quellen den Meister zu identifizieren, hat sich der Notname bis heute gehalten. Als «Kronzeuge» unserer Zuschreibung bemühen wir die Kreuzigung Christi, welche heute als eigenhändige Arbeit des Maestro di Sant’Anastasia im Museo di Castelvecchio in Verona ausgestellt ist. Die Gestaltung der Haare, der schmerzerfüllte, offene Mund, die Aus­bildung des Körpers in allen Details, der Lendenschurz mit seinen Falten und seiner Knöpfung, sowie die Wundmale des unter seiner eigenen Last gequälten Körpers lassen kaum Zweifel aufkommen, dass es sich bei der Urheberschaft um die gleiche Werkstatt handelt. Neben der hier zum Vergleich herangezogenen Kreuzigung im Museo di Castelveccio ist noch eine weitere dem Maestro di Sant’Anastasia und seiner Werkstatt zugeschriebene Fassung im Parrocchiale di San Zeno in Cellore d’Illasi bekannt. Es ist davon auszugehen, dass die zukünftige Forschung den hier angebotene Gekreuzigten in einem Zug mit den beiden erwähnten behandeln wird, wenn sie sich mit diesem aussergewöhnlichen Meister beschäftigt.

Nr. 1019
20000.– / 30000.–

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